Die Nachrichten der letzten Monate über die Schieflage der chinesischen Wirtschaft und die Umstrukturierungsideen des neuen 5-jahres Plans der Regierung haben viele Wirtschaftsexperten zu Diskussionen veranlasst, ob China in einer Wirtschaftskrise steckt.
Während vermehrt auf die negativen Aspekte der Wirtschaftsaussichten von diesem Jahr eingegangen wurde, gibt es dennoch auch positive Entwicklungen und florierende Industrien mit viel Potential für ausländische Investoren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, diese Branchen zu identifizieren und seine eigene, spezifische Nische darin zu finden.
Hier sind 4 der wichtigsten Fragen, die man sich stellen sollte, bevor man mit seinem Unternehmen nach China kommt.
1. Ist mein Business-Sektor geeignet für ausländische Investitionen?
Tatsächlich sind gerade viele Branchen offen und geeignet für ausländische Investitionen. Einige Trendindustrien für 2016 sind beispielsweise die Umweltindustrie, die Bildungsbranche, der Einzelhandel, der Gesundheitssektor und Altenpflege, E-Commerce und auch die Immobilienbranche.
Bevor man nach China kommt, sollte man sich umfassend über die momentane Situation der Branche in China, deren Entwicklung und Zukunftsaussichten informieren. Es ist unabdinglich, den chinesischen Markt mit seinen Entwicklungen zu verstehen. Dabei sollten Trends in bestimmten Bereichen nicht nur individuell betrachtet werden, sondern müssen stets im Gesamtbild und in der Wechselwirkung zu anderen Bereichen gesehen werden. Als Beispiel dient hier die Entwicklung in der Immobilienbranche, welche in direkter Verbindung zur momentanen Urbanisierung in China und wachsenden zweit-und drittrangigen Städten steht.
Möglicherweise bemerken Sie auch, dass Ihre Branche in China gerade nicht floriert. In diesem Fall bestehen mehrere Gründe für die Ursache. Zum einen können die Produkte nicht zu den Anforderungen der chinesischen Kunden passen, zum anderen kann es sein, dass Ihr Produkt generell nicht für den chinesischen Markt geeignet ist. Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Branche noch in den Kinderschuhen steckt und Sie der Erste am Markt sein können und Pionierarbeit leisten.
2. Welchen Standort sollte ich wählen?
Beim Markteintritt spielt der Standort eine entscheidende Rolle und davon können Erfolg oder Scheitern der Unternehmung abhängen. Deswegen sollte man verschiedene Aspekte in die Überlegungen einbeziehen, bevor man sich für einen Standort entscheidet. Je nachdem in welcher Branche man tätig ist und was der Charakter des Business ist, können Städte ersten Ranges genauso wie kleinere, unbekanntere Städte und Gebiete geeignet sein.
Während entwickelte Städte wie Shanghai, Peking oder Shenzhen mit vielen Business-Möglichkeiten aufwarten, einen guten Lebensstandard bieten und über ein internationales Umfeld verfügen, ist der Wettbewerb in diesen Städten auch härter und die Mietpreise steigen von Jahr zu Jahr. Im Gegensatz dazu mangelt es kleineren Städten mit weniger Ausländern sicherlich an internationalen Standards und das Leben dort wirkt auf den ersten Blick unkomfortabel, aber wenn man hinter die Fassade blickt, halten diese Städte großes Potential bereit und können die Möglichkeit eröffnen, ohne großen Wettbewerb und Druck sein Geschäft in China zu starten und langsam zu wachsen.
Des Weiteren spielen Aspekte wie Logistik, örtliche Regierungsregelungen, Infrastruktur und Transportmöglichkeiten eine wichtige Rolle für die Entscheidung. Daher sollte man, bevor die endgültige Entscheidung für den Standort fällt, sorgfältig abwägen und den eigenen Business-Plan im Kopf haben.
3. Welche Struktur ist für mich geeignet?
Diese Frage und ihre Antwort sind entscheidend, da davon die zukünftige Gestaltung des Geschäfts abhängt. Es gibt verschiedene Markteintrittsformen und Business-Formen, die sich alle in Vor- und Nachteilen unterscheiden.
- Das Joint Venture, wofür man einen chinesischen Partner benötigt und welches mit geteilten Pflichten und Risiken verbunden ist.
- Das Representative Office, welches in der Eröffnung einfach ist und kein Mindestkapital erfordert. Durch chinesische Gesetze ist diese Struktur jedoch streng reguliert, besonders der Gegenstand der Unternehmung. Mit dieser Unternehmensform ist es nicht möglich, Produkte oder Services zu verkaufen, man kann also keinen Gewinn erzielen.
- Das sogenannte WFOE (wholly foreign owned enterprise), welches die wohl nachgiebigste Struktur ist. Trotzdem sollte man sich fragen, ob man in der Lage ist, ein WFOE zu eröffnen und ob man es will. Der Prozess zur Eröffnung eines WFOE’s ist kompliziert und das geforderte Mindestkapital kann ein Problem für mittelständische Unternehmen darstellen und zu Hindernissen bei den Business-Aktivitäten führen.
- Der Labor Dispatch Vertrag, eine nennenswerte Alternative. Ein solcher Vertrag bzw. die damit verbundene Agentur unterstützt den Backoffice-Bereich eines Unternehmens und kann für das Unternehmen Angestellte suchen und anstellen, sodass man keine eigene Struktur in China aufbauen muss. Agenturen, die diesen Service anbieten, versorgen Sie mit einer Lösung, die Ihnen den Rücken freihält und eine Konzentration auf das Kerngeschäft ermöglicht.
Die Struktur, die man für den Markteintritt wählt, entscheidet über Höhe des notwendigen Startkapitals. Es ist auch möglich sein Geschäft in China beispielsweise über einen labor dispatch Vertrag zu starten und später ein WFOE zu eröffnen, wenn die eigenen Aktivitäten bereits profitabel sind und man etabliert ist am chinesischen Markt.
4. Welche Vorkehrungen sind zu treffen bevor man eine Investition tätigt?
An erster Stelle sollte man sich über die einzigartigen Aspekte des chinesischen Marktes bewusst sein. Die Business-Kultur in China unterscheidet sich merklich von den Regeln und Handhabungen in westlichen Ländern. Man übergibt seine Visitenkarte zum Beispiel mit zwei Händen und es gilt als sehr wichtig Visitenkarten auszutauschen. Darüber hinaus gibt es weitere spezifische Unterschiede. Es ist besonders schwierig, sein Geschäft in China ohne Beziehungen, das sogenannte Guanxi, aufzubauen. Daher ist es ratsam, schon vor dem eigentlichen Markteintritt in China, ein Netzwerk mit interessanten Menschen aufzubauen, beispielsweise über Plattformen wie LinkedIn oder WeChat.
Vertrauen ist eine wichtige Basis für Geschäftsbeziehungen in China und es kann dabei helfen, verschiedene Schwierigkeiten und Barrieren zu überwinden. Ein Vertrag sollte in China nicht als bindende Vereinbarung betrachtet werden, sondern eher als richtungsweisend, da die chinesische Haltung gegenüber Verträgen flexibler und wechselhafter ist als in westlichen Ländern.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Handhabung zum Schutze geistigen Eigentums. Chinas sogenanntes IPR (intellectual property rights) Schutzsystem ist anders als die Schutzmaßnahmen in westlichen Ländern und daraus resultierend ergibt sich die Notwendigkeit, Vorsichtsmaßnahmen zur Sicherung der eigenen Rechte zu treffen.
Es ist wichtig, ein Patent anzumelden und damit Beweismaterial für mögliche Betrugs-und Spionageversuche zu gewährleisten. Außerdem ist es notwendig penibel genau beim Anmeldeprozess für das Patent vorzugehen: Anmeldung in Englisch, Auswahl der geeigneten Klasse um die Skala des Schutzes festzulegen (Produkt, Service, Handel, etc.) und die Eintragung des Warenzeichens (auch in der chinesischen Übersetzung).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass China als Markt unterschiedliche Chancen bereithält und immer noch viele Möglichkeiten zum Markteintritt bestehen. Ein neues Geschäft in einem fremden Land mit Kulturunterschieden aufzubauen ist definitiv herausfordernd und es gibt viele Fallstricke und Unklarheiten, aber mit den richtigen Strategien und Partnern an der Seite, ist es auch eine großartige Möglichkeit zu expandieren und zu wachsen.
Es benötigt nur eine außergewöhnliche Idee, einen durchdachten Business-Plan und einen vertrauenswürdigen administrativen oder konsultativen Partner.
Über den Autor
Dieser Artikel wurde von Wei Hsu geschrieben, Gründer und CEO von INS Global Consulting, Marktführer im Bereich Labor Dispatch und Headhunting in China seit 2006.