Die Sprache ist für das Gehirn eine komplexe Aufgabe. Im Fall der Chinesischen Sprache ist dieser Fakt für Nicht-Muttersprachler besonders deutlich. Der Gehirnforschung stehen Mittel wie das Neuroimaging zur Verfügung, um den Spracherwerb zu analysieren und sich der alles entscheidenden Frage zu nähren: Was ist die beste Methode zum Chinesisch lernen?
Beim Lernen finden im Gehirn signifikante Veränderungen statt. Aus einem diffusen, sehr ungeordnetem neuralen Netzwerk eines Anfängers zu einem bestimmten Thema bzw. einer Fähigkeit wird mit zunehmenden Kenntnissen ein spezialisiertes Netzwerk. Weiterhin findet bei dieser neuralen Spezialisierung eine Konzentration auf die für die jeweilige Aufgabe relevanten Bereiche statt. Dadurch dass dementsprechend irrelevante Bereiche weniger einbezogen werden, erhöht sich die Effizienz.
Interessanterweise unterscheiden sich die neuralen Netzwerke je nach Sprache. Netzwerke die beim Chinesisch lernen entstehen, gestalten sich anders als beispielsweise beim Englisch lernen. Das Neuroimaging, eine Technik der Gehirnforschung zur Sichtbarmachung von Aktivitäten im zentralen Nervensystem, kann dies unwidersprüchlich zeigen. Der Grund dafür sind die verschiedenen Eigenschaften der Sprachen. Um Chinesisch zu beherrschen werden andere Techniken gefordert als bei z.B. den indogermanischen und romanischen Sprachen. Ganz konkret steht hier das Lesen im Mittelpunkt, denn die chinesischen Schriftzeichen sind eine der größten Herausforderungen für den Chinesisch-Anfänger, dies gilt sowohl für Muttersprachler, als auch für Chinesisch als Fremdsprache.
In den alphabetischen Schriftsystemen gibt eine feste Beziehung zwischen den Graphemen („Buchstaben“) und Phonemen („Lauten“). Mit einem bisschen Übung kann man recht einfach Wörter auf Englisch, Französisch, Spanisch etc. lesen und aussprechen. Im Chinesischen ist das ganz anders, ein Zeichen repräsentiert nicht systematisch nur einen Laut und kann folglich viele verschiedene Aussprachen haben. Das bloße Anschauen eines Zeichens reicht in der Regel nicht um zu wissen wie es ausgesprochen wird. Man muss es daher irgendwann auswendig gelernt haben und sich schlicht daran erinnern. Das Gehirn muss beim „Mapping“ der Orthographie („Schreibweise“) und Phonologie („Aussprache“) unterschiedlich vorgehen. Neuroimaging-Studien sprechen im Fall von Chinesisch unter anderem über eine dorsalen sub-lexikalischen Weg im Bereich der temporalen und parietalen Gehirnregionen.
Die beste Methode um Chinesisch zu lernen: Schreiben üben
Unsere Ausgangsfrage dreht sich jedoch nicht um die Gehirnforschung, sondern darum, wie man ganz praktisch am besten Chinesisch lernen kann. Hierfür gibt es durch die Erkenntnisse des Neuroimaging einen ganz festen Hinweis, der niemanden überraschen wird und altbekannt ist, aber nochmals deutlich unterstrichen und begründet wird. Es ist das handschriftliche Üben der chinesischen Zeichen. Die moderne Wissenschaft sagt, was Chinesisch-Lehrer schon immer predigen: Mit der Hand die Zeichen zu schreiben ist eine hervorragende, wenn nicht sogar die beste Übung um Chinesisch zu lernen. Warum?
- Es fügt der visuellen Erinnerung eine motorische Spur hinzu. Diese hilft besonders Lernenden von Chinesisch als Fremdsprache die Qualität der bildlichen Repräsentation im Gehirn zu verbessern. Durch Neuroimaging konnte bewiesen werden, dass der Premotor Cortex aktiviert wird, wenn Schriftzeichen erkannt werden und vorher handschriftlich geübt wurden. Wurde das Zeichen nur durch reines Ansehen gelernt, ist dies, wie bei den folgenden Gründen, nicht der Fall.
- Die Qualität der visuell-spatialen Wahrnehmung der Zeichen während des Lesens erhöht sich, da die bilateralen Parietallappen verstärkt aktiviert werden.
- Die handschriftliche Übung etabliert eine hochqualitative orthographische Repräsentation der Zeichen im Gehirn, da die Aktivität im linken Gyrus fusiformis steigt.
- Die Wahrnehmung der Zeichen beim Lesen steigt.
- Es beschleunigt die Assoziation zwischen Orthographie, Phonologie und Semantik durch die gesteigerte Aufmerksamkeit für die Gestaltung, Töne und Bedeutung der Zeichen während des Übens.
- Das Verständnis der Zusammenhänge zwischen den Zeichen untereinander wird verbessert.
All diese Vorteile sprechen deutlich für das handschriftliche Üben. Das Neuroimaging bringt für den erfahrenen Lernenden nicht unbedingt neue praktische Erkenntnisse, aber es verfestigt die Stellung bereits seit Jahrtausenden erprobter Lernmethoden.
Quellen und mehr Informationen zu den wissenschaftlichen Studien
Cao, Fan. „Brain mechanisms of Chinese word reading.“ Writing Systems, Reading Processes, and Cross-Linguistic Influences: Reflections from the Chinese, Japanese and Korean Languages 7 (2018): 137.
Longcamp, Marieke, et al. „Visual presentation of single letters activates a premotor area involved in writing.“ Neuroimage 19.4 (2003): 1492-1500.