Frank William Taussig war ein US-amerikanischer Ökonom und Professor. Er war nahezu die ganze Zeit seines Lebens am Lehrstuhl für Volkswirtschaft an der Harvard Universität in Boston tätig. Ihm wird die Grundsteinlegung der modernen internationalen Handels- und Zolltheorie zugeschrieben. In Deutschland wurde er außerdem durch seinen Beitrag zur Diskussion um die deutschen Reparationen des 1. Weltkriegs bekannt.
Nach Taussigs Analyse der Reparationsproblematik ist ein dauerhafter Ressourcentransfer unmöglich. Taussig ging davon aus, dass das Deutsche Reich über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren mindestens 750 Millionen Dollar an Reparationen zahlen müsste, was etwa fünf Prozent des deutschen Sozialprodukts entsprach. Dabei machte er zwei Hauptprobleme aus:
- Budgetproblem – Das Geld müsste im Inland beispielsweise über eine Erhöhung der Einkommenssteuer geschehen. Wie hoch durfte die Steuerbelastung sein? War der politische Wille da diese umzusetzen?
- Transferproblem – Durch das Goldstandard-System müsste das Deutsche Reich aus den inländischen Steuereinnahmen den Kauf von Fremdwährungswechseln (Pfund, Dollar, Franc etc.) finanzieren, was das Angebot der Mark auf dem Weltdevisenmarkt steigen ließe.
Das würde nach Taussig zu folgendem Szenario führen: Mark-Wechselkurs fällt → Gold fließt aus dem D.R. ab → Die sinkende Geldmenge führt im D.R. bei kurzfristig stabiler Gütermenge zur Deflation, die steigende Geldmenge im Ausland zur Inflation → Deutsche Güter sind auf dem Weltmarkt relativ preiswerter, die deutschen Exporte und die Geldmenge im D.R. nehmen zu → Dieser Prozess hält solange an bis der deutsche Exportüberschuss genau so groß ist wie der Devisen-Abfluss der Reparationszahlungen.
Das Deutsche Reich geriete also in eine Deflationspirale, da bei fallenden Preisen die Nominallöhne ebenfalls sinken. Weiterhin würden die stetig fallenden Güterpreise dazu führen, dass die physischen Mengen, die exportiert werden müssen um die Reparationen zu zahlen, ständig zunehmen.
Nachdem die Reparationszahlungen enden, würde sich dieser Prozess umkehren. Der deutsche Handelsbilanzüberschuss würde auf die Geldmengen wirken und die Preise im D.R. steigen, im Ausland hingegen fallen lassen. Ein dauerhafter Ressourcentransfer würde nicht stattfinden.
Für Taussig war es jedoch zweifelhaft ob der beschriebene Prozess aus folgenden Gründen überhaupt stattfinden könnte:
- Die deutschen Gold- und Devisenreserven wären innerhalb weniger Monate vollständig aufgebraucht.
- Eine Anpassung der Exporte ist in dieser kurzen Zeitspanne nicht möglich, schon am Anfang der Reparationszahlungen würde es zu einem Zusammenbruch des deutschen Geld- und Kreditwesens kommen.
- Das D.R. hatte nicht die Möglichkeit soviel zu exportieren, dass die Handelsbilanz positiv werden würde, denn eine Exportoffensive würde wahrscheinlich zu Protektionismus und der Einrichtung von Zöllen im Ausland führen. Importrestriktionen wären ebenfalls nicht möglich, da das D.R. hauptsächlich dringend benötigte Nahrungsmittel und Rohstoffe importierte.
J. M. Keynes stimmte Taussig zu, dass diese Art der Finanzierung unzureichend wäre , das Geld fließe so lediglich im Kreis, es fände keine Umverteilung der Schuldverhältnisse und kein realer Güterverkehr statt. Unter anderem aufgrund dieser Überlegungen von Taussig wurden die Reparations-Zahlungen 1924 im Dawes-Plan angepasst.