Wolfgang Kubin

Wolfgang Kubin

顾彬

SinologeÜbersetzerSchriftsteller
Geboren:17.12.1945Celle, Deutschland
Nationalität:Deutsch

Deutscher Sinologe, Übersetzer und Schriftsteller. Emeritierter Professor und ehemaliger Direktor des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften der Universität Bonn. Gilt als einer der bedeutendsten europäischen Sinologen. Seine sechsbändige Lu-Xun-Übersetzung und die zehnbändige "Geschichte der chinesischen Literatur" (2002-2012) sind Standardwerke der deutschsprachigen Sinologie.

Bildnachweis: ©Eckhard Henkel, CC BY-SA 3.0 DE via Wikimedia Commons

Akademische Laufbahn

Geboren 1945 in Celle, studierte Wolfgang Kubin zunächst Evangelische Theologie in Münster, bevor er sich der Japanologie und Sinologie zuwandte. Sein akademischer Weg führte über Wien und Bochum, wo er Sinologie, Philosophie und Germanistik studierte. Seine Dissertation widmete sich dem Tang-Dichter Du Mu (803-852). Nach einem Sprachstudium in Peking und einer Habilitation über die Naturanschauung in der klassischen chinesischen Literatur lehrte er ab 1977 an der Freien Universität Berlin. 1995 übernahm er den Lehrstuhl für Klassische Sinologie in Bonn als Nachfolger von Rolf Trauzettel. Nach seiner Emeritierung lehrte er an chinesischen Universitäten, darunter die Beijing Foreign Studies University und die Shantou University. Unter seinem chinesischen Namen 顾彬 (Gù Bīn) unterrichtet er in chinesischer Sprache chinesische und deutsche Geistesgeschichte. Seit 1989 gibt er die Fachzeitschriften ORIENTIERUNGEN: Zeitschrift zur Kultur Asiens und Minima sinica: Zeitschrift zum chinesischen Geist heraus.

Übersetzungen chinesischer Literatur

Wolfgang Kubin übersetzte ein breites Spektrum chinesischer Literatur ins Deutsche. Seine sechsbändige Übersetzung der Erzählungen und Essays von Lu Xun gilt als seine bekannteste Arbeit und machte das Werk des wichtigsten modernen chinesischen Schriftstellers einem deutschen Publikum zugänglich. 1985 erschien "Nachrichten von der Hauptstadt der Sonne: moderne chinesische Lyrik 1919-1984" bei Suhrkamp, eine umfassende Anthologie moderner chinesischer Dichtung. Weitere bedeutende Übersetzungen umfassen Werke von Bei Dao, einem der führenden Vertreter der Misty Poets, sowie Gedichte von Leung Ping-kwan. Kubin übersetzte auch philosophische Texte wie Werke von Xunzi und das Prosagedicht "Phönixe" von Ouyang Jianghe. Seine Übersetzungen zeichnen sich durch philologische Genauigkeit und literarisches Gespür aus.

Geschichte der chinesischen Literatur

Als Herausgeber und Autor der zehnbändigen "Geschichte der chinesischen Literatur" (K. G. Saur, 2002-2012) schuf Wolfgang Kubin das umfassendste deutschsprachige Referenzwerk zur chinesischen Literatur. Die Reihe deckt die gesamte literarische Tradition Chinas ab: Dichtkunst von den Anfängen bis zum Ende der Kaiserzeit, den Roman der ausgehenden Kaiserzeit, die klassische Erzählung, die klassische Prosa (Essay, Reisebericht, Skizze, Brief), Ästhetik und Literaturtheorie, das traditionelle Theater sowie die Literatur des 20. Jahrhunderts. Kubin verfasste selbst mehrere Bände, darunter "Die chinesische Dichtkunst" (2002), "Das traditionelle chinesische Theater" (2009) und "Die chinesische Literatur im 20. Jahrhundert" (2005), das als Standardwerk gilt. Die Reihe wird ergänzt durch ein biographisches Handbuch chinesischer Schriftsteller, eine umfassende Bibliographie und ein Registerband.

Eigenes literarisches Werk und kulturelle Vermittlung

Wolfgang Kubin verfasste neben seiner wissenschaftlichen Arbeit mehr als fünfzehn eigene literarische Werke mit China-Bezug. Seine Gedichtbände umfassen "Das neue Lied von der alten Verzweiflung" (2000), "Narrentürme" (2002), "Schattentänzer" (2004) und "Alles versteht sich auf Verrat" (2009). Essaybände wie "In den chinesischen Bergen" und "Unterm Schnurbaum" (2009) verbinden literarische Reflexion mit China-Erfahrung. Die Erzählung "Halbzeit einer Liebe" (2006) gehört zu seinen längeren Prosaarbeiten. Kubin nimmt eine besondere Stellung als kultureller Vermittler ein: Unter seinem chinesischen Namen 顾彬 (Gù Bīn) publiziert er in China und wird dort als prominente Figur wahrgenommen. Seine Verbindung zu China zeigt sich auch in seiner Ehe mit der Chinesin Zhang Suizi und seiner jahrzehntelangen Lehrtätigkeit an chinesischen Universitäten.