Chinas Schönheitsideal & Mode-Trends

Die Welle des wirtschaftlichen Aufschwungs reitend, bilden sich seit dem letzten Jahrzehnt neue Trends und Subkulturen unter Chinas jungen Erwachsenen. Vor allem modisch, erblüht China in neuer Mannigfaltigkeit, dank der aufstrebenden Mittzwanziger und Anfang-Dreißiger. Doch hinter dem Bedürfnis sich als Individuum darzustellen steckt noch mehr.

China Mode-Trend & Schönheitsideal
Das Schönheitsideal in China verändert sich und ist trotz aller Mode-Trends aus dem Ausland fest mit der chinesischen Kultur verknüpft // Bild: Koichiro Ohba, CC BY 2.0

Hier steht die Alltagskultur im Vordergrund, die durch die großen Massen der in Großstädten lebenden Menschen sehr divergent ist. Um einige dieser Subkulturen kennen zu lernen und zu verstehen, portraitierte der Spiegel folgende Personen, und verdeutlicht auf interessante Weise wie expressiv, distinguiert der chinesische Großstädter sein mag und gleichzeitig ähnliche Bedürfnisse, Gefühle wie seine Mitmenschen teilt:

Waldfrau (森女)
Yin Fei, 28, ist Grafikerin und bezeichnet sich als Sennü (森女). Mit Vorliebe zieht sie eher weite und erdfarbene Kleidung an. China Daily beschrieb die Sennü wie folgt: „ein bisschen Rotkäppchen, ein bisschen Marie Antoinette, ein bisschen Alice im Wunderland.“ In der Tat sagt auch Yin Fei von sich, dass sie mit dem Kopfe noch in der Kindheit steckt.

Yujie (御姐)
Cherry, 24, ist mit 1,80m wesentlich größer als die durchschnittliche Chinesin. „Sie trägt hochhackige Schwarze Overknees und einen grünen Minirock. Ihr Lippenstift ist auf das Signalrosa ihres Nagellacks abgestimmt. Die Augenbrauen sind zwei dicke schwarze Balken, und ihre großen Augen wirken durch die farbigen Kontaktlinsen wie zwei Scheinwerfer. […] Ihre männlichen Fans vergöttern sie [auf sozialen Netzwerken].“ Mehr als die meisten anderen Personen verbringt sie ihre Zeit vor dem Schminkspiegel; in etwa drei Stunden pro Tag. Ihre Erscheinung gleicht einer menschgewordenen weiblichen Manga-Figur, die in der Regel dafür bekannt sind sehr idealisiert dargestellt zu werden. Es ist daher kein Wunder, dass sich auch die Blicke in hochkarätigen Einkaufzentren nach ihr wenden, wenn sie durch die Drehtür tritt. Cherry hat ihr Aussehen zum Beruf gemacht und arbeitet als Model in einer chinesischen Provinz.

Baifumei & Gaofushuai (白富美和高富帥)
Das Paar Luo Hanjun und Ma Yizhi sind beide Mittzwanziger und wirtschaftlich erfolgreich. „Luo ist makellos gekleidet, trägt einen Mantel von Balmain, darunter ein schwarzes Top und einen Rock, dessen Rottöne exakt zum gedeckten Bordeaux ihrer Pumps passen.[…] Ma ist Bankkaufmann von Beruf, er trägt kurz geschnittenes, gegeltes Haar, dazu einen Nadelstreifenanzug mit Weste, ein Hemd mit Manschettenknöpfen und teure Schuhe. Er ist sportlich, kleidet sich aber nur im des Stil des Shanghai der Zwanzigerjahre.“ Obwohl die Namen Baifumei, wörtlich übersetzt, weiß, reich und schön bezeichnet und Gaofushuai für groß gewachsen, reich und attraktiv steht, sind es nicht die oberflächlichen Tugenden, die diesen Lebensstil zu einem chinesischen Ideal macht. Das Paar hat hohe Bildung genossen und versteht sich in der Souveränität des Umganges mit anderen Menschen.

Was nun all diese Menschen gemein haben, ist ihr Bestreben sich selbst darzustellen. Dabei spielen die Statussymbole und Marken eine zentrale Rolle. Sei es der Einfluss der ostasiatischen Nachbarn Japan und Korea oder der des Westens; Sie nehmen sich ihrer Vorbilder an und verändern sie auf die chinesische Art. Man spricht in dem Sinne von einer Sinisierung der Mode. Doch liegt nicht die Mode im Augenmerk dieses Artikels. Vielmehr interessiert er sich für das Konsumverhalten: können nun die Folgen der Ein-Kind- Politik, die seit kurzem offiziell vorbei ist, im Konsum der Chinesen reflektiert werden. Schnell stellt man eine enorme Diskrepanz unter den jungen Erwachsenen der 80er und 90er fest, und dem haben die Chinesen bereits Namen verliehen: Fuerdai (富二代) und Qiongerdai (穷二代). Die Ersteren (wörtlich übersetzt: Reichen der zweiten Generation) gehen als die sogenannten Sieger dieser Zeit hervor. Während letztere (wörtlich übersetzt: Armen der zweiten Generation) als Verlierer betrachtet werden.

Bernhard Zand verknüpft in seiner Betrachtung „Von Waldfrauen und Manga-Mädchen“ (Spiegel Nr. 14/2016) die Strömungen der zeitgenössischen chinesischen Mode mit kulturwissenschaftlichen Aspekten. In diesem Sinne bleiben offene Fragen, die er thematisiert: Obwohl man von mit der Vielfalt einhergehenden Individualisierung spricht, bleibt zu klären wo der chinesische Mitt- und Endzwanziger individuell ist. Betrachtet man es aus ihrer Perspektive, sieht man welche Erwartungen und Zwänge auf den Kindern der Ein-Kind-Politik lasten, in erster Linie von familiärer Seite; bleibt dort trotz allem ein Raum für Träume und Selbstverwirklichung? Oder ist der Konsum lediglich ein Mittel, ein Ventil zur Darstellung der eigenen sozialen Angehörigkeit?

Link zum Video: video.spiegel.de/flash/71/62/1662617_1024x576_H264_HQ.mp4

100 Years of Beauty – Episode 15: China
Der Channel Watchcut zeigt den Wandel der Schönheitsideale ab dem Anfang des ereignisreichen Jahrhunderts von 1910 bis heute. Das Model Leah Li wird hierbei durch die Epochen „geschminkt“ und lässt den Zuschauer auf diese Weise in die interessante und nicht zuletzt hübsche Welt des weiblichen Schönheitsideals in China eintauchen.

„Research Behind the Looks“
In dieser Episode wird von den Produzenten des Videos (s.o.) das Schönheitsideals Chinas reflektiert und auf deren kulturellen Zusammenhänge zurückgeführt. Empfehlenswert!

Fan Bingbing – Chinesische Schönheit & Perfekte Baifumei

Diese aus Qingdao (Herkunftsort der gleichnamigen Biermarke), Provinz Shandong, stammende Schauspielerin Fan Bingbing (范冰冰) ist weit mehr als ihr schönes Gesicht. Geboren in eine Militärs-Familie, schaffte sie es dennoch am Xie Jin College of Film & Television der Shanghai Normal University zu studieren. Sie packte dort an wo ihre Eltern aufgrund der Kulturrevolution keine Gelegenheit mehr hatten ihre Träume zu verwirklichen: nämlich in der Kunst. Schon früh zeigte sich ihr Interesse in der Schauspielkunst; mit 15 Jahren trat sie das erste Mal auf.

Fan Bingbing - Chinesische Schönheit
Fan Bingbing ©Vogue Taiwan Cover September 2015

Fan Bingbings Aufstieg zu einer der auch im internationalen Vergleich am besten verdienenden Schauspielerinnen, wird nur sagenhafter durch die Tatsache, dass sie keine guanxi 关系, Beziehungen, zu Anfang ihrer Karriere besaß. In China reicht es nicht aus nur Fleiß und Kompetenz an den Tag zu legen für wirtschaftlichen Erfolg, viel leichter fällt einem der Einstieg, wenn man erst einmal die nötigen Beziehungen aufgebaut hat; dafür kennen sie auch ein Sprichwort: „走后门“, die Hintertür betreten.

In China ist Fan nahezu allgegenwärtig: ihre Figur und ihr Konterfei ist auf zahlreichen Werbeplakaten abgebildet, und in Werbespots lächelt sie einem nur so zu. Ihr Bekanntheitsgrad hat es nun auch in den Westen geschafft: sie erschien zuletzt in den Hollywood-Produktionen von den Marvel-Filmen: Iron-Man 3 und X-Men: Days of future past in einer Nebenrolle. Leider sei ihr Englisch nicht ausreichend für größere Rollen. Natürlich steht sie auch in der chinesischen social media im Mittelpunkt der Gerüchteküche und ist dementsprechend Kritik ausgesetzt: Zu oberflächlich, zu einseitig seien ihre Werke. Doch Fan Bingbing, dank ihrer Erfahrung und dem Erfolg auf internationaler Ebene, weiß die Arbeitsmärkte zu differenzieren. In China ist der Arbeitsmarkt derartig dicht bevölkert, dass eine größere Konkurrenz vorherrscht, die oft in Neid endet. Auch versuchen viele die Aufmerksamkeit somit auf sich zu ziehen.

Mittlerweile besitzt bzw. besaß Fan Bingbing ihr eigenes Filmstudio. Sie hat den Wunsch die Filmindustrie zu verbessern, mit dem Wissen, dass sie durch die internationale Bühne erlangt hat. Schließlich ist hat die chinesische Filmindustrie noch viel von ihren Nachbarn Korea und den Markführern Hollywood zu lernen, und auch europäische Indie-Produktionen seien eine Inspiration. Außerdem setzt sie sich für viele soziale Projekte ein. Fan Bingbing wird von ihren Fans vergöttert. Von einer ordinären, aber sehr erfolgreichen Schauspielerin avancierte sie zu einer Ikone des weiblichen Ideals und repräsentiert China als gern geladener Gast auf internationalen Events. Nicht nur verkörpert sie die Baifumei (白富美), sondern lebt diesen Ausdruck zur Perfektion: sie verkörpert das Schönheitsideal vom schrägen Kinn, großen mandelförmigen Augen (双眼皮), langen schwarzen Haaren, vollen roten Lippen, schneeweißen Haut und einer sportlich schlanken Figur, und ist bekannt für den eloquenten Umgang mit angesehenen Persönlichkeiten. Selbstverständlich spielt sie die Kaiserin von China in der bisher teuersten chinesischen Filmproduktion.

Autor: LDS

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