Chinas Technologie-Offensive

Von der Raumstation Tiangong bis zu 5G-Netzen: Wie China in wenigen Jahrzehnten zur globalen Technologiemacht aufstieg

In den 1970er Jahren war China technologisch noch ein Entwicklungsland. Heute betreibt das Land eine eigene Raumstation, dominiert den 5G-Ausbau, führt bei Elektrofahrzeugen und entwickelt Künstliche Intelligenz auf Weltniveau. Dieser beispiellose Technologiesprung basiert auf strategischer Planung, massiven Investitionen und dem Willen zur technologischen Unabhängigkeit. Chinas Technologiesektor vereint staatliche Großprojekte mit dynamischen Privatunternehmen und schafft damit ein einzigartiges Innovationsökosystem.

Raumfahrt: Tiangong und das Streben nach den Sternen

Tiangong-Raumstation

Seit November 2022 kreist Chinas modulare Raumstation Tiangong (Himmelspalast) vollständig assembliert im Erdorbit. Die Station besteht aus dem Kernmodul Tianhe sowie den Labormodulen Wentian und Mengtian. Mit einem Gesamtvolumen von 340 m³ bietet sie Platz für drei Astronauten und wird kontinuierlich bemannt.

China ist damit nach Russland das zweite Land, das eine eigenständige modulare Raumstation betreibt. Die Tianzhou-Versorgungsraumschiffe und Shenzhou-Mannschaftskapseln garantieren regelmäßige Rotation und Nachschub.

Wegmarken des Programms

  • 1970: Erster Satellit Dong Fang Hong I
  • 2003: Yang Liwei als erster chinesischer Astronaut (Shenzhou 5)
  • 2019: Erste Landung auf der Mondrückseite (Chang'e 4)
  • 2020: Mondproben-Rückkehr (Chang'e 5)
  • 2021: Mars-Rover Zhurong landet (Tianwen-1)
  • 2022: Wang Yaping erste chinesische Frau beim Weltraumspaziergang

BeiDou-Navigationssystem

Parallel zur Raumstation entwickelte China das BeiDou-Satellitennavigationssystem (北斗). Seit 2020 ist BeiDou-3 mit 35 Satelliten global operativ und bietet Positionierungsgenauigkeit von unter einem Meter. Das System konkurriert mit GPS, Galileo und GLONASS und integriert Kommunikationsfunktionen für Kurznachrichten.

Mehr zum Raumfahrtprogramm

CHINANETZ berichtete (2016): Mideas Kuka-Übernahme – Chinas Sprung in die Robotik

Im Jahr 2016 vollzog der chinesische Hausgerätehersteller Midea eine Übernahme, die weit über den Haushaltsgeräte-Sektor hinaus Signalwirkung entfaltete: Für 4,5 Milliarden Euro erwarb Midea die deutsche Kuka AG, einen der weltweit führenden Hersteller von Industrierobotern mit Sitz in Augsburg. Der Deal markierte einen Wendepunkt in Chinas Technologiestrategie.

Strategische Dimension

Die Kuka-Übernahme war kein isolierter Geschäftsvorgang, sondern Teil der chinesischen Industriestrategie „Made in China 2025". Das Regierungsprogramm zielt darauf ab, China vom „Fließband der Welt" zur Hochtechnologie-Nation zu transformieren – mit Fokus auf Robotik, Künstliche Intelligenz und Automatisierung.

Von Hausgeräten zu Industrierobotern

Midea, 1968 als bescheidene Flaschenverschluss-Werkstatt gegründet, war bereits weltgrößter Hausgerätehersteller. Mit Kuka erweiterte das Unternehmen sein Portfolio um High-Tech-Robotik für Automobilindustrie, Elektronikfertigung und Logistik. Heute ist Midea durch Kuka der weltgrößte Industrieroboter-Hersteller.

Langfristige Auswirkungen

Die Übernahme signalisierte Chinas Ambition, nicht nur Konsumgüter, sondern auch die Produktionsmittel selbst zu kontrollieren. Kuka-Roboter arbeiten heute in chinesischen Fabriken an der Automatisierung der eigenen Industrie – ein strategischer Kreislauf von Technologieakquisition und industrieller Modernisierung.

Tech-Giganten: Von Social Media bis Smartphones

Infrastruktur & Künstliche Intelligenz

5G-Pionierarbeit

China führt den globalen 5G-Ausbau an. Über 3 Millionen 5G-Basisstationen (Stand 2024) versorgen das Land mit Hochgeschwindigkeitsinternet. Huawei und ZTE dominieren den Ausrüstermarkt weltweit. Die Integration von 5G in Industrieanwendungen (Smart Factories, autonome Fahrzeuge) positioniert China als Vorreiter der Industrie 4.0.

Das chinesische Mobilfunknetz China Mobile ist mit über 970 Millionen Kunden der weltgrößte Netzbetreiber und Treiber der 5G-Standardisierung.

KI-Entwicklung

Chinas Regierung erklärte KI 2017 zur nationalen Priorität mit dem Ziel, bis 2030 Weltmarktführer zu werden. Unternehmen wie Baidu (ERNIE), Alibaba (Tongyi Qianwen) und SenseTime entwickeln Large Language Models und Computer Vision-Systeme. Der Einsatz von KI in Überwachung, Smart Cities und Gesichtserkennung ist kontrovers, treibt aber die technologische Entwicklung voran.

China investiert jährlich Milliarden in KI-Forschung und produziert mehr wissenschaftliche Publikationen zum Thema als die USA.

Elektromobilität: BYD, CATL und die grüne Revolution

China dominiert den globalen Markt für Elektrofahrzeuge und Batterietechnologie. BYD (比亚迪) überholte Tesla 2023 als weltgrößter E-Auto-Hersteller. CATL (宁德时代) produziert ein Drittel aller Lithium-Ionen-Batterien weltweit. Die Kombination aus staatlicher Förderung, technologischer Innovation und Skaleneffekten macht China zum Motor der globalen Verkehrswende.

Chinas Automobilindustrie erkunden

Ausblick: Die nächste Dekade

Chinas Technologiestrategie zielt auf Selbstversorgung und globale Führung. Die US-Sanktionen gegen Huawei und andere Unternehmen beschleunigten paradoxerweise die heimische Chip-Entwicklung. Programme wie "Made in China 2025" und die "Dual Circulation Strategy" fördern inländische Innovation und reduzieren Abhängigkeit von westlicher Technologie.

Für 2030 plant China bemannte Mondlandungen, 6G-Testnetze und Quantencomputer-Durchbrüche. Ob diese ambitionierten Ziele erreicht werden, wird die globale Technologielandschaft der kommenden Jahrzehnte prägen.