Yu Hua
余华
Chinesischer Schriftsteller und Essayist. Seine Romane wie "Leben!" und "Chronik eines Bluthändlers" erzählen von gewöhnlichen Menschen in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche. Wichtiger Vertreter der chinesischen Avantgarde-Literatur.
Frühe Jahre und Ausbildung
Geboren am 3. April 1960 in Hangzhou, Zhejiang, verbrachte Yu Hua seine Kindheit auf einem Krankenhausgelände – seine Eltern arbeiteten beide als Ärzte, die Familie wohnte gegenüber der Leichenhalle. Die Kulturrevolution erlebte er zwischen seinem siebten und siebzehnten Lebensjahr. Nach dem Scheitern bei der Universitätsaufnahmeprüfung absolvierte er eine einjährige Ausbildung zum Zahnarzt und praktizierte diesen Beruf fünf Jahre lang. 1983 wandte er sich der Literatur zu. Seine prägenden Jahre verbrachte Yu Hua in Haiyan, einer Kleinstadt in Zhejiang, die später als Schauplatz vieler seiner Erzählungen dienen sollte. Er studierte an der Lu-Xun-Literaturschule und begann 1983 mit dem Verfassen literarischer Texte.
Literarischer Durchbruch und stilistische Entwicklung
1987 erschien die Kurzgeschichte "Auf dem Weg mit achtzehn Jahren" – ein wichtiger Text der chinesischen Avantgarde-Literatur. Yu Hua entwickelte einen eigenständigen Stil, der Wiederholungen als rhythmisches Element nutzte und von musikalischen Strukturen beeinflusst war – insbesondere von der Yue-Oper und klassischer Musik. Als literarische Vorbilder nannte er Franz Kafka und Yasunari Kawabata. Von Kawabata lernte er nach eigener Aussage, dass das Schreiben dazu diene, menschliche Gefühle darzustellen. Seine Werke wurden der Avantgarde zugerechnet, später auch dem postmodernen Schreiben zugeordnet. Yu Hua selbst bezeichnete sich als realistischen Schriftsteller und bemerkte, dass Gewalt lange in seinem Unterbewusstsein existiert habe.
Literarisches Schaffen
Sein erster Roman "Schreie im Nieselregen" (在细雨中呼喊, 1992) erzählt aus der Perspektive eines Heranwachsenden während der Mao-Ära. Mit "Leben!" (活着, 1993) gelang Yu Hua der internationale Durchbruch. Zhang Yimou verfilmte den Roman 1994; die Adaption erhielt beim Filmfestival von Cannes mehrere Auszeichnungen. "Chronik eines Bluthändlers" (许三观卖血记, 1995) folgte als zweiter großer Roman. Der zweibändige Roman "Brüder" (兄弟, 2005–06) thematisiert gesellschaftliche Umbrüche über mehrere Jahrzehnte hinweg. "Der siebte Tag" (第七天, 2015) erzählt aus der Perspektive eines Verstorbenen. Yu Hua verfasste zudem zahlreiche Kurzgeschichten und Essays.
Internationale Wirkung und Vermächtnis
Yu Huas Werk erreichte ein internationales Publikum durch Übersetzungen in mehrere Sprachen. Neben seinen Romanen verfasste er Essays über chinesische Gesellschaft, darunter "China in zehn Wörtern" (2011). Seine literarischen Auszeichnungen umfassen den Grinzane-Cavour-Preis (1998), den James Joyce Award (2002, als erster chinesischer Autor) und den Ordre des Arts et des Lettres (2004). Die südkoreanische Verfilmung der "Chronik eines Bluthändlers" erschien 2015. Yu Huas literarischer Ansatz zielte darauf ab, authentische menschliche Erfahrungen darzustellen. Seine Werke werden der Avantgarde-Literatur und dem literarischen Realismus zugerechnet.